Das Ost – Passage Theater ist eine Nachbarschaftsbühne im Osten der Stadt Leipzig. Sie ermöglicht niedrigschwelligen Zugang zu kulturellen Angeboten im Viertel, denn Nachbarschaft heißt miteinander leben. Dank dem Preisgeld der Sächsischen Mitmach-Fonds konnten die Voraussetzungen für die ehrenamtlichen Arbeitsgruppen verbessert werden. Um die kontinuierliche Gruppenarbeit zu erleichtern, wurde in digitale Betriebsabläufe investiert und mit hybriden Sitzungsformen experimentiert.

Worum geht es im Projekt?

Die Nachbarschaftsbühne liegt direkt an der Eisenbahnstraße, die multikulturellste Einkaufsmeile in Sachsen, und wird von dem gemeinnützigen Ost-Passage Theater e. V. getragen. Seit der feierlichen Eröffnung am 9. März 2018 finden im Ost-Passage Theater mit seinen 96 Sitzplätzen und einer zentralen Bühnenfläche von knapp 70 m² jährlich ca. 190 Veranstaltungen statt. Die Bandbreite reicht dabei von Theater, Musik und Kino bis hin zu Lesungen, Diskussionen und Workshops. Neben Veranstaltungen für Seniorinnen und Senioren finden auch Events für Kinder und Jugendliche oder die ganze Familie statt.

Als wesentlich ehrenamtlich getragene Initiative kommt es dem Ost-Passage Theater darauf an, jenseits eines “Kulturimportes” die verschütteten und verborgenen Potentiale vor Ort freizulegen. Die Schwellen zum Mitmachen sollen auf allen institutionellen Ebenen niedrig sein. In verschiedenen offenen Arbeitsgruppen bewältigt das Ost-Passage Theater alle Teilbereiche des Kulturbetriebes und lädt zur Teilhabe ein. Solche Arbeitsgemeinschaften sind u. a. verantwortlich fürs Kinoprogramm, Technik und technische Betreuung, ein offenes Angebot zum Theaterspiel, Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit. So soll das Ost-Passage Theater als Nachbarschaftstheater ein Ort sein, der wirklich den Leuten im Viertel gehört und von ihnen gestaltet wird.

Durch die kollektiven Arbeitsprozesse wird eine Lernatmosphäre geschaffen, bei der sich das Wissen „von Gruppe zu Gruppe“ austauscht. Ähnlich dem alten Volksbühne-Modell soll sich so ein bürgerorientierter Theaterort entwickeln, der zwischen Publikum und Darstellenden durchlässig ist. Ein Ort, der auch soziokulturelle Bühne für die konkreten Probleme und politisches Podium für die berechtigten Interessen des Viertels ist. Ein Ort, an dem sich die Theaterbegeisterung ohne die Kategorien “Laie”, “Amateur” oder “Profi” einen Raum erobern kann. Damit steht das Ost-Passage Theater nicht in Konkurrenz zu den bestehenden Institutionen des Leipziger Stadttheaters, sondern ist als Stadtteiltheaters im Leipziger Osten eine notwendige und kooperative Ergänzung desselben.

Wie wurde das Projekt beim Ost-Passage Theater umgesetzt?

Als junger innovativer Kulturbetrieb wurde das Ost-Passage Theater durch die Pandemie 2020 ziemlich heftig ausgebremst. Wie bei jedem soziokulturellen Akteur musste lange Zeit auf alle offenen Angebote verzichtet und die Mitmachangebote stark beschränkt werden. Um dieser Krise der Begegnungskultur entgegen zu wirken, hat sich das Ost-Passage Theater intensiv mit der Digitalisierung verschiedener Betriebsabläufe befasst. Dazu musste auch jede Menge neuer Technik angeschafft werden: Von Arbeitsrechnern über Kopfhörer und Mikrofonen bis hin zu Streaming-Technik. Mit dieser Ausrüstung gelang es, die Arbeit vieler Arbeitsgruppen aufrecht zu erhalten und sogar zu verbessern. Es wurde auch mit verschiedenen hybriden Meeting-Formaten experimentiert. Einige Settings werden in Zukunft ein fester Bestandteil bleiben, weil die digitale Technik in gewisser Weise die Teilhabe ohne direkte Anwesenheit erlaubt.

Außerdem hat sich das Ost-Passage Theater für seine Fans und Dauergäste um digitale Kulturangebote bemüht. So starteten bereits im April 2020 die „Freitagsinterviews“. Diese Reihe interviewte Künstlerinnen und Künstlern, die direkt von der ersten Notschließung betroffen waren. Anschließend wurde die Radiosendung „#kulturrelevant – Der Radio zur aktuellen Lage der Kultur in Leipzig“ entwickelt und seitdem 30 Folgen produziert. Zum Gespräch lud das Ost-Passage Theater jeweils drei Personen aus unterschiedlichen Bereichen von Kunst und Kultur ein. In wechselnder Moderation wurde über die jeweilige Lage, die besonderen Herausforderungen, Ziele und Wünsche der Akteure diskutiert. Für den Tag des offenen Denkmals im September 2020 setzte das Ost-Passage Theater extra eine virtuelle Führung hinter die Kulissen der Nachbarschaftsbühne in Szene.

Die erfolgreiche Digitalisierung war schließlich ein wesentlicher Schlüssel, um nach der ersten Notschließung von 85 Tagen bereits am 10. Juni 2020 wieder zu eröffnen. Das entwickelte Hygienekonzept mit über 50 einzelnen Maßnahmen stellte die ehrenamtlichen Abenddienste vor neue Herausforderungen. Ihr Einsatz war großartig! Bis zur zweiten Notschließung am 1. November 2020 konnten immerhin 63 Veranstaltungen mit Publikum durchgeführt werden, ohne dass ein Infektionsfall bekannt wurde.

Ausblick und weiterführende Links

Das Ost-Passage Theater wird auch in Zukunft ein wichtiger Begegnungsort und Transmissionsraum der unterschiedlichen Kulturen rund um die Eisenbahnstraße im Leipziger Osten sein. Allen gegenwärtigen Widrigkeiten zum Trotz! Das Theaterspielen ist dazu bestens geeignet, denn es hat die unermessliche Kraft, jede kreative Regung gleich welcher Kunst in sich aufzunehmen und gleichzeitig über sich selbst hinauszutreiben. Ready? Let‘s play!